Krisenintervention im Hochwassergebiet
18.06.2013: Die Elbeflut verursachte nicht nur immense materielle Schäden, sie hinterlässt auch seelische Wunden bei den Betroffenen.
Unsere Kameradin Cornelia Krauß war vom 05. - 13.06.2013 im Hochwassereinsatz in Pirna:
In den höher gelegenen Stadtteilen von Pirna nahm das Leben scheinbar seinen gewohnten Lauf: Berufsverkehr, rote Ampeln und verstopfte Straßen.
Weiter unten bot sich jedoch ein groteskes Bild: Viele Häuser der historischen Altstadt standen bis zu 1,5m tief im schlammigen Elbewasser, Boote der Feuerwehr, der DRK-Wasserwacht und der DLRG wurden zu Wasser gelassen, um in den überfluteten Straßenzügen nach dem Rechten zu sehen.
Rund 8.000 Menschen hatten ihre Wohnungen verlassen müssen , ohne zu wissen, welche Zerstörungen sie bei ihrer Rückkehr erwarten würden. Bis zu 250 Personen hatten trotz der Evakuierungsaufforderung tagelang in ihren Häusern ausgeharrt – ohne Wasser, ohne Strom. Bei manchen fragten die Helfer in ihren Booten noch einmal persönlich nach, ob sie nicht doch in Sicherheit gebracht werden möchten.
Mit an Bord war Cornelia Krauß von der Wasserwacht unseres DRK Kreisverbandes Aue-Schwarzenberg e.V. Als ausgebildete Kriseninterventionshelferin konnte sie vor Ort aufgeheizte Situationen beruhigen und Menschen überzeugen, sich doch noch evakuieren zu lassen. Die Menschen, die ihre Wohnungen verlassen hatten, aber nicht bei Freunden oder Verwandten unterkommen konnten, wurden in Notunterkünften untergebracht.
Es war bewundernswert, zu sehen, wie gefasst und ruhig die Menschen diese Extremsituation ertrugen. Dazu beigetragen haben auch die ehrenamtlichen Helfer der Kriseninterventionsteams aus Sachsen, darunter auch Andreas Korb vom KIT Aue-Schwarzenberg, die sich in den drei Notunterkünften in Pirna der seelischen Nöte der Menschen annahmen.
Als Mitglied der Einsatzleitung der Psychosozialen Notfallversorgung (PSNV) koordinierte Cornelia Krauß den Einsatz der Kriseninterventionshelfer und stand in Kontakt zum Verwaltungsstab des Landratsamtes Sächsische Schweiz Osterzgebirge.
Als sich das Wasser zurückzog, verlagerte sich das Tätigkeitsfeld der Kriseninterventionshelfer in die Städte und Dörfer der Region Pirna. Für viele Menschen in Pirna oder Bad Schandau war es ein Schock, zu sehen, wie das Wasser ihre Wohnungen und Existenzen zerstört hatte. Doch sie packten an und räumten auf. Hier waren es oftmals die kleinen Gesten, durch die unsere Kriseninterventionshelfer den Menschen Gutes tun konnten: eine Tasse Kaffee, ein paar Handschuhe, eine Flasche Desinfektionsmittel – und ein offenes Ohr.
Perspektivisch ist eine weitere Aufgabe der Psychosozialen Notfallversorgung die Einsatzkräftenachsorge:
Viele der Menschen, die in Pirna wochenlang für andere im Einsatz waren, sind selbst vom Hochwasser betroffen und müssen zusätzlich die Bilder des Erlebten verarbeiten. Speziell hierfür ausgebildete Helfer werden sich dieser Nachsorge widmen und Hilfe für Helfer leisten. Doch die Erlebnisse, die Einsatzkräfte am stärksten aufbauen, sind Begegnungen mit Betoffenen, die noch einmal vorbeikommen, um einfach einmal „Danke“ zu sagen. Viele Pirnaer haben das mit Worten oder mit selbstgebackenem Kuchen getan. Das ist die schönste aller Möglichkeiten der Einsatzkräftenachsorge.
(Bild 2: v.l. Cornelia Krauß und Andreas Korb im Hochwassereinsatz in Pirna)